Die Erde steht vor dem Burnout

Die Zahl der weltweit lebenden Wirbeltiere ist laut einem Bericht der Umweltschutzorganisation WWF in den vergangenen Jahrzehnten drastisch geschrumpft.

Für die Diagnose verwendet der Bericht Daten der Zoological Society of London. Im Living Plant Index überwacht die wissenschaftliche Gesellschaft 16‘704 Populationen von Säugetieren, Vögeln, Fischen, Reptilien und Amphibien – insgesamt sind mehr als 4‘000 Arten repräsentiert. Gemäss dem veröffentlichten Living Planet Report, der auf 148 Seiten den Gesundheitszustand der Welt zusammenfasst, ist der Bestand der wildlebenden Wirbeltiere seit 1970 durch menschliche Aktivitäten um 60 Prozent zurückgegangen.

Besonders drastisch ist der Rückgang der Wirbeltierpopulationen bei Arten, die im Wasser leben. Schuld daran ist unter anderem Plastikmüll in den Meeren.

Hauptgrund für den dramatischen Rückgang der Wirbeltierpopulationen ist der Verlust von Lebensraum der Tiere wie etwa durch Landwirtschaft, Bergbau und das Wachsen der Städte durch die weltweite Überbevölkerung, so der Living Planet Report, den der WWF in Zusammenarbeit mit 59 Wissenschaftlern auf der ganzen Welt erstellt hat. Gleichzeitig dokumentiert der Report einen weiter wachsenden Bedarf der Menschheit an natürlichen Ressourcen. «Unser Lebensstil ist wie Kettenrauchen und Komasaufen auf Kosten des Planeten», erklärt Jörg-Andreas Krüger vom WWF Deutschland.

«Die Situation ist wirklich schlecht und wird immer schlechter», sagt WWF-Direktor Marco Lambertini. Er mahnt, Naturschutz bedeute nicht nur, beliebte Tiere wie Tiger, Pandas und Wale zu schützen. Für den Menschen könne es keine Zukunft geben, wenn die Erde ihrer biologischen Vielfalt beraubt werde.

«Wir müssen dringend überdenken, wie wir die Natur nutzen und welchen Wert wir ihr beimessen – kulturell, wirtschaftlich und auf unserer politischen Agenda», mahnt auch Thomas Vellacott, Geschäftsführer des WWF Schweiz. Die Erde steht vor einem Burnout.

Vor diesem Hintergrund löst auch Chinas Lockerung des Handels und der Nutzung von Tigerknochen und Nashornhörnern scharfe Kritik aus. Der Staatsrat in Peking hat den Handel mit Tigerknochen und den Hörnern von Nashörnern von gezüchteten Tieren legalisiert. Nach der Mitteilung der Regierung soll demnach die Verwendung dieser Produkte für Forschung und Heilung in der traditionellen chinesischen Medizin gestattet werden.

«Wir schlafwandeln direkt auf eine Klippe zu», warnt WWF-Wissenschaftskoordinator Mike Barnett in der britischen Zeitung The Guardian. Viele Wissenschaftler glauben laut The Guardian derweil, dass das sechste grosses Massenaussterben der Erdgeschichte begonnen hat. Es wäre das erste, das von einer Art – dem Homo sapiens – verursacht würde. Selbst wenn die Ausrottung der Tiere jetzt enden würde, bräuchte die Erde fünf bis sieben Millionen Jahre um sich zu erholen.

«Es geht bei dem Massaker an der Tierwelt um weit mehr, als nur Wunder der Natur zu verlieren – obwohl das schon schlimm genug ist. Wir gefährden tatsächlich die Zukunft der Menschen», sagt Barnett.

Die Natur ist nicht einfach nur „nice to have“. Im Gegenteil: Sie ist unser Lebenserhaltungssystem!

(Quelle: www.bluewin.ch)